Im Bahnsimulator: Das kannst auch du im Eisenbahnmuseum Peking erleben.

Im Bahnsimulator: Ich fahre gerade mit überhöhter Geschwindigkeit in einen Provinzbahnhof ein.

China ist das Land der Eisenbahnen: Ausser den USA gibt es nirgendwo einen Staat mit mehr Schienenkilometern, in keinem Land verkehren mehr Hochgeschwindigkeitszüge und nirgendwo sonst wächst das Netz so schnell, wie im Reich der Mitte. Wenn Du Dich für die Entwicklung der chinesischen Eisenbahn intessierst, dann ist dieses Museum das ultimative Must-See für Dich.

Heute gibt es einen kleinen Tipp für jene Tage, an denen die Luftverschmutzung in Peking wieder einmal so hoch ist, dass du nicht ins Freie möchtest. Heute stelle ich dir das Pekinger Eisenbahnmuseum vor. Dieser Text ist gleichzeitig auch der zweite Teil meiner Reihe über die Museen in der chinesischen  Hauptstadt, in welcher ich zuletzt über das interessante, aber irgendwie auch bizarre Stadtplanungsmuseum von Peking geschrieben habe.

Eins gleich vorweg: Das Eisenbahnmuseum ist etwas für Freaks. Wenn Du Dich nicht schon mit der Entwicklung der chinesischen Bahn beschäftigt hast oder wenigstens gerne mit der Bahn durch das Reich der Mitte fährst, wirst du dich hier eher langweilen. Die Exponate sind oft sehr spezifisch und für Ausländer ohne gute Sprachkenntnisse leider ziemlich mangelhaft beschrieben. Will heissen: Du musst zumindest einen Teil des Wissens bereits mitbringen, sonst hast du nicht viel von der Ausstellung.

Das kannst du im Museum sehen

Das Eisenbahnmuseum befindet sich in einem historischen Bahnhofsgebäude beim Qianmentor, also am südlichen Ende des Tiananmen-Platzes.  Es ist leicht zu finden: Halte nach dem Gebäude auf dem Bild unten Ausschau.

Die grau-weisse Konstruktion war einst die Endstation der ersten richtigen Bahnlinie Chinas. Sie führte in den Nordosten des Landes und diente neben dem Personenverkehr vor allem auch dem Kohletransport. Das Gebäude wurde 1901 errichtet, stiess aber schon bald an seine Grenzen. 1959 wurde der Hauptbahnhof schliesslich 2,5 Kilometer nach Osten verlegt, wo er sich noch heute befindet.

Der Bahnhof Zhengyangmen: Bis 1959 der Hauptbahnhof von Peking.

Der Bahnhof Zhengyangmen: Bis 1959 der Hauptbahnhof von Peking.

Während die ehemalige Zugstation von Aussen durchaus eindrücklich aussieht, erfolgte der Innenumbau fürs Museum leider ziemlich lieblos: In keiner der Ausstellungshallen lässt sich heute noch erkennen, dass das Gebäude einst ein Bahnhof war. Das ist schade und meiner Meinung nach eine vertane Chance.

Die Exponate sind über vier Etagen verteilt. Eindrücklich ist ein gewaltiges Relief im Untergeschoss, das die Linienführung der Tibet-Eisenbahn zeigt. Hier lässt sich erahnen, wie grandiose die Aussicht auf den Himalaya während der 48-stündigen Fahrt von Peking nach Lhasa sein muss. Auch gewinnt man leicht einen Eindruck, welche gewaltigen Leistungen die chinesischen Ingenieure bei diesem Bau vollbringen mussten. Im Untergeschoss befinden sich zudem Modelle von wichtigen Bahnhöfen und Brücken.

So viel schneller sind die Züge heute

Im Rest des Museums werden vor allem alte Fotos gezeigt, die ganz interessant sein können, wenn man weiss, wie die entsprechenden Gegenden und Stationen heute aussehen. Sehr spannend fand ich auch die diversen (chinesischen) Schautafeln, auf denen beispielsweise Informationen zur Reisegeschwindigkeit präsentiert werden.

So brauchte demnach ein Zug von Peking nach Harbin im Jahre 1997 noch 16 Stunden und 22 Minuten. Heute dauert die Fahrt seit der Einführung der Hochgeschwindigkeitszüge nur noch 7 Stunden und 50 Minuten. Die Fahrzeit von Shanghai nach Changsha verkürzte sich in der gleichen Zeitspanne von 25 Stunden und 50 Minuten auf sagenhafte 7 Stunden und 30 Minuten.

Schnell wird klar: Das Museum ist ein grosser Propaganda-Schuppen. Negative Aspekte wie die Korruptionsprobleme, die ineffiziente Verwaltung oder der schreckliche Zusammenstoss bei Wenzhou werden nicht erwähnt. Und doch gewinnt man auch ein Verständnis dafür, dass China zurecht auf seine Eisenbahnen und die unglaubliche Entwicklung der letzten Jahre stolz ist.

3D-Kino und Fahrt im Zugsimulator

Der Grund, wieso ich das Museum überhaupt besuchen wollte: Ein Freund hatte mir erzählt, dass es im Eisenbahnmuseum einen Zugsimulator gebe. Das hat mich interessiert, weil ich mir nicht so recht vorstellen konnte, wieso so etwas spannend sein soll. In einem Zug kann man ja nicht viel mehr tun als beschleunigen und bremsen.

So sieht der Zugsimulator von aussen aus.

So sieht der Zugsimulator von aussen aus.

Und so war es dann auch: Zu bestimmten Zeiten findet eine Präsentation des Simulators statt. Dazu mussten wir uns in die oben abgebildete Attrappe eines Hochgeschwindigkeitszugs setzen und einer Museumsangestellten zusehen, wie sie den Beschleunigungshebel bedient und wie wir alsbald mit 350 Sachen durch eine Gegend in der Nähe von Shanghai rasen. Anschliessend dürfen wir im Führerstand für Fotos possieren und selber ein bisschen „fahren“.

Das zweite Highlight ist ein 3D-Kino. Die Vorführung dauert vielleicht zehn Minuten und zeigt, wie die weissen Pfeile durch die unterschiedlichsten chinesischen Landschaften zischen. Aufgelockert wird alles mit schnell geschnittenen Computeranimationen von sich selbst aufbauenden Infrastrukturbauten wie Brücken und Bahnhofen. Die optisch oppulenten, aber zugleich auch sehr nervösen Bilder und die extrem laute Musik ertrage ich schlecht: Nach der Vorführung ist mir unwohl und ich muss erstmals einmal sitzen bleiben.

Plötzlich fällt mir auf, was es in diesem Museum leider überhaupt nicht gibt: Lokomotiven. Mit der Ausnahme einer alten Dampflok im Eingangsbereich geht es in diesem Museum ausschliesslich darum, die Errungenschaften von der chinesischen Staatsbahn zu präsentieren. Willst du dir alte Lokomotiven anschauen, gibt es dazu ein zweites Museum im Vorortsbezirk Fengtai, das ich aber (noch) nicht besucht habe.

Fazit

Das Eisenbahnmuseum gehört nicht zu den Zielen, die du auf keinen Fall verpassen darfst. Wenn du aber bereits etwas im Land herumgekommen bist und dich überdies für die Entwicklung des chinesischen Bahnwesens interessierst, kann sich ein Besuch lohnen.

Adresse und Preis: Das Eisenbahnmuseum befindet sich an der 2 Qianmen Dong Dajie Dongcheng Distrikt (东城区前门东大街2号) und ist am besten per U-Bahnlinie 2 Station Qianmen zu erreichen. Der Eintrittspreis beträgt 20 Yuan. Simulator und 3D-Kino kosten jeweils extra.

Warst du schon einmal in diesem Museum? Wie hat es dir gefallen! Schreib einen Kommentar.

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3 Kommentare

  1. Tolle Sache! Der Besuch des Eisenbahnmuseums hätte mir auch gefallen – und am Ende meiner Bahnreise von Salzburg bis Peking im Jahr 2009 wäre er auch geplant gewesen. Leider war das Museum zu diesem Zeitpunkt geschlossen. Den CRH 380 A habe ich dann ein Jahr später auf der Weltausstellung in Shanghai gesehen.

    1. Ja, das kann ich mir vorstellen, dass dir das gefallen hätte. Ich habe beim Schreiben auch einmal an dich gedacht… 🙂

      Warst du bei der Shanghai Expo eigentlich im Pavillion der chinesischen Bahn? Ich wollte den eigentlich auch besuchen, aber die Schlange davor war unglaublich lang.

  2. […] weit ist es zum Eisenbahnmuseum, das ich leider noch nicht gesehen habe. Dann ist auch das Laoshe Teehaus zu erwähnen, das einen […]

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