Wenn du nur Zeit hast, in ein einziges chinesisches Gebirge zu fahren, dann solltest du Huangshan wählen. Die Gelben Berge sind ein eindrückliches Naturspektakel. In diesem Beitrag verrate ich dir, wieso sich der Besuch lohnt – und gebe eine Warnung.
Vermutlich hast du in deinem Leben schon oft Bilder von den Gelben Bergen gesehen. Praktisch in jedem China-Restaurant hängt ein Gemälde, auf dem bizarre Felsformationen, verknorpelte Bäume und ein Wolkenmeer abgebildet sind. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sich der Maler vom Huangshan hat inspirieren lassen.
Vielleicht kennst du auch den Hollywood-Blockbuster „Avatar“? Zwar beansprucht das mehrere hundert Kilometer entfernte Zhangjiajie für sich, das Vorbild für die Hallelujah-Berge zu sein und hat geschäftstüchtig einen Teil des Gebirges entsprechend umbenannt. Regisseur James Cameron selbst gab jedoch an, dass er sich vom Huangshan hat inspirieren lassen.
Ich habe die Region vor fünf Jahren besucht und bin gleich etwa eine Woche geblieben. Denn die Gelben Berge sind mehr als nur eine atemberaubend schöne Landschaft. In der Nähe befinden sich verschiedene sehenswerte Dörfer und im Hauptort Tunxi gibt es eine Reihe von kulturellen Anlässen.
In diesem Artikel nenne ich dir drei Gründe, wieso sich der Besuch der Gelben Berge lohnt. Und ich gebe dir eine Reihe von praktischen Tipps, wenn du die Region auf eigene Faust besuchen willst.
Grund 1: Die bizarre Bergwelt des Huangshan
Der offensichtlichste Grund, die Gelben Berge zu besuchen, sind natürlich die bizarren Felsformationen. Vielerorts hast du senkrecht Felswände, an denen enge Wanderwege entlangführen. Wenn du unter Höhenangst leidest, ist Huangshan der ultimative Ort, um sie zu bezwingen.
Huangshan ist seit vielen Jahrhunderten ein beliebtes Reiseziel. Viele Chinesen erkennen in den Steinformationen die unterschiedlichsten Alltagsgegenstände. Jemand in meiner Gruppe machte mich beispielsweise auf ein gewaltiges Steinhandy aufmerksam. Es sah tatsächlich so aus wie mein erstes Motorola, damals noch mit herausziehbarer Antenne.
Anders als andere beliebte Bergziele, wie beispielsweise der Taishan in der Provinz Shandong, sieht Huangshan genau so aus, wie du dir eine chinesische Landschaft vorstellst. Vor allem aber ist die Landschaft wirklich einzigartig. Ich kenne kein zweites Gebirge, das dem Huangshan ähnelt.
Praktische Tipps
Anreise: Der Zugang zu den Gelben Bergen erfolgt am einfachsten über das kleine Städtchen Tangkou (etwa eine Stunde von Tunxi entfernt). Von hier kannst du einen Shuttlebus zum Park nehmen. Er bringt dich direkt zur Seilbahn, die dich auf den Berg hochfährt. Alles super praktisch.
Alternativ kannst du in drei Stunden hochwandern. Das würde ich aber nur empfehlen, wenn du im Park übernachtest. Denn die Gelben Berge sind am frühen Morgen am schönsten, wenn die Felsen teilweise noch in Nebel gehüllt sind.
Fortbewegung: Der Naturpark verfügt über mehrere Seilbahnen, die dir nicht nur einmalige Ausblicke erlauben, sondern dir auch ziemlich viel Beinarbeit abnehmen. Denn innerhalb des Parks gibt es kaum Strassen.
Die Wanderwege wurden für europäisches Empfinden überraschend gut ausgebaut. Die Hauptrouten sind betonierte Fusswege und Treppen, meistens etwa zwei Meter breit. Bei den gewaltigen Besuchermassen ist das auch nötig. Angeblich reisen jedes Jahr 15 Millionen Menschen in die Berge.
Das Gelände ist riesig und an einem Tag kannst du unmöglich alles besuchen. Informiere dich daher im Vorfeld, welche Gipfel und Täler du sehen willst. Es gibt auch einen Abschnitt mit mehreren Thermalquellen, den ich aber selber nicht kenne.
Verpflegung und Unterkünfte: Im Naturpark hast du die Wahl zwischen mehreren Restaurants und Unterkünften. Die sind allerdings relativ teuer und oft von zweifelhafter Qualität. Am besten bringst du deine eigenen Knabbereien mit.
Solltest du im Naturpark übernachten wollen, gibt es verschiedene Hotels, die auch Ausländer aufnehmen. Vor allem am Wochenende empfehle ich dir, unbedingt frühzeitig zu reservieren, zum Beispiel über booking.com oder agoda.com.
Ist alles voll, gibt es in Gipfel-Nähe beim Beihai-Hotel einen Zeltplatz, wo du günstig Zelte mieten kannst. Das habe ich selber nicht ausprobiert. Laut Berichten im Netz musst du bei dieser Option allerdings einen eigenen Schlafsack mitbringen.
Wetter: Im Huangshan-Gebirge ist es sehr häufig bewölkt und an mindestens 200 Tagen fällt Regen. Das ist nicht unbedingt schlimm, da der Nebel und die Wolken den Bergen ihren einzigartigen Charme verleihen. Wenn du aber gute Fotos nach Hause mitnehmen willst, solltest du ein paar extra Tage einplanen, um auf das perfekte Wetter zu warten. Und vergiss nicht, einen Regenschirm einzupacken.
Eintrittspreis: Das Naturschutzgebiet ist relativ teuer. Zum Zeitpunkt der Recherche kostete der Eintritt in der Hauptsaison 230 Yuan, in der Nebensaison 150 Yuan. Falls du einen Studentenausweis hast, solltest du ihn unbedingt mitnehmen, da dir das 50 Prozent Rabatt garantiert. Einschliesslich Bus und Seilbahn kostet dich ein eintägiger Besuch locker 80 Euro.
Grund 2: Die klassischen Dörfer
Viele Reisende, die das erste Mal China besuchen, bewegen sich von Stadt zu Stadt und lassen das ländliche China aus. Der Grund: Ohne Tour und Sprachkenntnisse ist es abseits der Trampelpfade oft etwas anspruchsvoller, sich zurecht zu finden.
Anders in der Umgebung von Huangshan. Auf halbem Weg zwischen Tunxi und dem Naturpark befindet sich gleiche eine ganze Reihe von hübschen chinesischen Dörfern, die für jeden Kungfu-Film die perfekte Kulisse abgeben würden. (Couching Tiger, Hidden Dragon wurde tatsächlich in einem der Dörfer gedreht.) Am leichtesten zugänglich sind Xidi und Hongcun. Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken.
Das Dorf Xidi: Xidi ist ein kleines Dörfchen, das im 11. Jahrhundert gegründet wurde und in dem noch heute mehrere hundert traditionelle Hui-Häuser erhalten sind, die sich über etwa drei Dutzend Strassen verteilen. Einige der traditionellen Wohnhäuser kannst du besuchen. Daneben gibt es eine Reihe von Wohnhäusern.
Das Dorf Hongcun: Hongcun besticht durch ein komplexes Bewässerungssystem, das in seiner Weise in China einzigartig ist. Hier findest du zahlreiche Kanäle, Brücken und den einen oder anderen Weiher. Interessant ist auch der Grundriss des fast tausend Jahre alten Dorfes, der einer Kuh nachempfunden ist. Führer können dir zeigen, welches Teil des Dorfes welchem Körperteil entspricht.
Praktische Tipps
Anreise: Nach Xidi und Hongcun gibt es direkte Busse ab Tunxi (ca. 1h Fahrt). Wenn du zwischen den beiden Dörfern hin und her fahren willst, musst du in Yixiang umsteigen. Yixiang ist auch der Ort, von dem aus Busse in die anderen, weniger bekannten Dörfer wie Nanping, Guanlu oder Pingshan fahren.
Einkaufen: Sämtliche Dörfer, die ich rund um die Gelben Berge besucht habe, leben vom Tourismus. Praktisch jedes Haus ist heute ein Kiosk, ein Restaurant oder ein Souvenirladen. Unterkünfte scheint es eher wenig zu geben.
Eintrittspreis: Für unser westliches Empfinden eher etwas seltsam, für China aber durchaus normal, ist die Tatsache, dass jedes Dorf von Besuchern einen Eintrittspreis verlangt. Die Unterschiede sind gewaltig und liegen zwischen 20 bis etwas über 100 Yuan. Am teuersten sind Xidi und Hongcun.
Grund 3: Tunxis historische Strasse
Mitten durch das Zentrum von Tunxi führt eine rund eine Kilometer lange historische Strasse mit Kopfsteinpflaster, traditionellen Häusern und jede Menge Touristenläden. Die Strasse alleine wäre kein Umweg wert, aber gemeinsam mit der idealen Lage von Tunxi ist sie ein perfekter Ort, um ein paar Tage zu bleiben.
Tunxi ist nämlich die nächste grössere Stadt in der Umgebung von den Gelben Bergen und das touristische Einfallstor in die Region mit guten Zug- und Busverbindungen in die weitere Umgebung und mit einem ansehnlichen Provinzflughafen. Teilweise nennt sich Tunxi deswegen auch Huangshan-Stadt.
Vor allem aber hat Tunxi das ganze touristische Repertoire, das dir einen Aufenthalt angenehm macht. Zum Beispiel gute und preiswerte Hotels, eine coole Jugendherberge direkt in der historischen Strasse, jede Menge leckere Restaurants und abseits der Touristenstrasse kannst du auch sehr gut und günstig einkaufen.
Praktische Tipps
Anreise: Am besten gelangst du mit dem Zug nach Tunxi. Lese hier meine Tipps zum Kauf eines Zugtickets in China. Alternativ kannst du auch fliegen. Ab Shanghai findest du mit etwas Glück Tickets ab etwa 50 Euro. Für die Suche empfehle ich Skyscanner oder Momondo.
Unterkunft: Tunxi hat jede Menge Hotels für jeden möglichen Geschmack und Geldbeutel. Ich selbst war in der Jugendherberge in der historischen Strasse und kann diese Unterkunft alleine schon wegen der Lage sehr empfehlen.
Weiterreise: Ein Besuch von Huangshan lässt sich hervorragend mit anderen Zielen in der weiteren Umgebung verbinden. Sehr nahe liegt die Porzelanstadt Jingdezhen, von der aus du weitere chinesische Dörfer besuchen kannst. Falls du Richtung Shanghai unterwegs bist, bietet sich ein Zwischenstopp in Nanjing, Suzhou oder Hangzhou an.
Fazit
Ob die Gelben Berge wirklich das schönste Gebirge ganz Chinas sind, darüber lässt sich natürlich streiten. Tatsache ist aber, dass die Region viel mehr zu bieten hat als nur ihre umwerfende Naturschönheit.
Insbesondere in Kombination mit den zahlreichen historischen Dörfern ist Huangshan eine Reise wert. Dazu kommt, dass die Region perfekt erschlossen ist. Du kommst leicht hin und hast vernünftige Unterkünfte und Hotels.
Dies alles hat natürlich seine Schattenseiten. Der Sinograph ist nicht der einzige, der einen Besuch empfieht. Du musst also auf den Treppen mit gewaltigen (und teilweise rempelnden) Besuchermengen rechnen. Hinzukommt, dass du für einen Besuch des Gebirges tief in die Tasche greifen musst.
Aus meiner Sicht überwiegt aber die Naturschönheit. Und wenn du Wochenenden und chinesische Feiertage vermeidest, kannst du zumindest dem schlimmsten Besucheransturm leicht entgehen.
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Ein chinesisches Sprichwort sagt: hast du Huangshan gesehen, möchtest du keine anderen Berge mehr sehen.
Das kannte ich noch nicht. Das schöne in China ist ja, dass es für alles irgendein schönes Sprichwort gibt… 🙂
War gerade zum zweiten Mal da…. 2 Tage nur 30 Meter weitgesehen in Huangshan… dazu hat es ab und zu auch noch geregnet. Ausser Spesen nichts gewesen.
In Xidi war ich auch ein zweites Mal (erstes Mal 2010), es hat sich nicht all zu viel verändert, etwas mehr Tourismus, aber immer noch ganz okay für chinesische Verhältnisse. Hongcun habe ich dieses Mal ausgelassen. Hotelpreise haben sich meiner Meinung nach nicht allzu gross verändert. Xidi immer noch relativ günstig. Huangshan immernoch masslos überrissen. Noch nie mehr bezahlt für ein Hotel als dort…
Hi Simon,
so erging es mir vor ein paar Jahren in Zhangjiajie. Ich stehe in einer der eindrücklichsten Landschaften der Welt – und sehe sie nicht. Das ist ärgerlich, aber wenn man keine Zeit hat, um auf gutes Wetter zu warten, kann man da leider nicht viel machen.
Hast du dir auch die kleineren Dörfer angesehen? Ich war in einem oder zwei, aber ich kann leider nicht mehr erruieren, welche das genau waren.
Gruss,
Oli
Es gibt direkte Busse von Xidi nach Hongcun für 6 Yuan (einfache Fahrt).
Vielen Dank für den Hinweis, Jareach. Bei den anderen Dörfern muss man aber immer noch umsteigen, oder?
Kommt darauf an von wo aus man fährt: Von Tunxi (wird von Chinesen glaube ich einfach nur als Huangshan bezeichnet) aus kommt man wie schon beschrieben direkt nach Xidi. Wer von Tunxi aus nach Hongcun will muss in Xidi umsteigen.
Von Tangkou aus (wo es in direkt in die Berge geht) kann man allerdings direkt nach Hongcun fahren.
Hongcun und Xidi sind beide sehr sehenswerte Dörfer. Hongcun meiner Meinung nach größer und sehenswerter, dafür aber extrem überfüllt.
Das Huangshan-Gebirge ist wirklich absolut beeindruckend. Ich empfehle nicht die Seilbahn zu nehmen und den sehr anstrengenden Aufstieg in Kauf zu nehmen. Denn da geht es noch ruhig zu. Oben in den Bergen ist es unglaublich überlaufen. Trotz der gepfefferten Eintrittspreise.
PS: Auch hier bin ich mit meinem deutschen Führerschein zum Studententarif reingekommen 🙂
Vielen Dank für deine Erfahrungen. Ich glaube, da gibt es nichts, was ich noch beifügen könnte.