Das historische Stadtzentrum von Dali ist seit vielen Jahren ein Touristenmagnet. Fotos: OZ

Dali war einer der Orte, an denen der ländliche Tourismus in China begann. Heute gehört die historische Altstadt zu den beliebtesten Reisezielen in Yunnan. Trotzdem hat sie ihren Charme nicht eingebüsst. Ein Grund dafür ist die Vielseitigkeit der Region.

Es gibt sie, diese Städte in die ich mich fürchte zurückzukehren. Nicht etwa, weil sie unglaublich gefährlich wären, sondern weil ich Angst habe, dass ein erneuter Besuch meine Erinnerungen zerstören würde. Dali ist so ein Ort.

Als ich auf meiner ersten China-Reise vor 15 Jahren einen Zwischenstopp in Dali einlegte, war das malerisch am Erhai-See gelegene Städtchen mit seiner typischen Bai-Architektur ein verschlafenes Nest, das vor allem Backpacker aus aller Welt ansteuerten.

Doch China hat sich seither verändert. Der Binnentourismus hat gewaltig an Fahrt aufgenommen und viele kleine Orte wie Dali werden heute regelrecht von Besuchern überschwemmt. Over-Tourism, so könnte man meinen, sei in den chinesischen Dörfern erfunden worden, die plötzlich landesweit Ruhm erlangt haben.

Wie sehr sich Dali in den Jahren verändert hat, zeigte sich schon bei der Anreise. Ich erinnere mich noch genau, wie ich damals im Bus sass, der durch einen düsteren Waldweg dem See entlang rumpelte. Heute führt vor der Stadtmauer der Altstadt eine achtspurige Schnellstrasse vorbei.

Doch trotz alle dem hat mir Dali überraschenderweise noch immer gut gefallen. Die vielen Besucher konnten dem Charme der Kleinstadt nicht viel anhaben, zumal sich die Region rund um Dali ohnehin sehr vielseitig präsentiert. Von den drei wichtigsten Gesichtern Dalis will ich heute erzählen.

 

Gesicht 1: Die Altstadt von Dali

Dali ist vor allem bekannt wegen seiner Altstadt, deren Geschichte bis ins 8. Jahrhundert zurückreicht, als sie zunächst die Hauptstadt des Königreichs Nanzhao und später des Königreichs Dali war. Auch wenn man sich das heute kaum vorstellen kann: um das Jahr 1000 gehörte Dali zu den grössten Städten der Welt.

Von der frühen Geschichte ist allerdings nur noch wenig zu sehen. Bei der Invasion der Mongolen wurde die Stadt weitgehend zerstört. Die heutige Altstadt stammt hauptsächlich aus dem 15. Jahrhundert oder besteht teilweise auch aus moderneren Nachbauten. Zu den wenigen erhaltenen Bauwerken aus der Frühphase gehören die Drei Pagoden etwas ausserhalb der Altstadt, die unbedingt einen Besuch verdienen.

Auch wenn es die eine oder andere Sehenswürdigkeit gibt, die du besuchen kannst: Besonders reizvoll ist es, durch die alten Gassen zu spazieren, die von einer Stadtmauer mit mehreren opulenten Toren umgeben sind. Dabei solltest du auch im einen oder anderen Restaurant einkehren und das leckeres Essen aus Yunnan probieren.

Am Abend kannst du dich in eine der zahlreichen Bars mit Live-Musik aus allen erdenklichen Stilrichtungen begeben und dabei die Einheimischen beim Anbandeln beobachten. Dali gilt in China nämlich ähnlich wie Fenghuang als perfekter Ort für alle, die auf der Suche nach einer schnellen Nummer sind – so eine Art chinesisches Las Vegas.

Profitipp: Bestell in den Bars ausschliesslich Getränke, die in einer Dose oder Flasche serviert werden. Fruchtsäfte und Cocktails sind in der Regel bis zur Unkenntlichkeit mit Wasser gestreckt. Besonders schlecht: Die Bad Monkey Bar.

Touristenmarkt am Rande der historischen Altstadt.

Touristen posieren gerne in lokalen Trachten vor den hübsch hergerichteten Souvenirläden.

Tuktuks warten vor dem Stadttor auf Kundschaft, da das historische Zentrum verkehrsberuhigt ist.

 

Gesicht 2: Der Hausberg von Dali

Sobald du genug vom Touristenzirkus der Altstadt hast, ist es Zeit, einen Ort der Ruhe zu finden. Dafür gibt es keine bessere Wahl als den Cangshan, den Hausberg von Dali. Hier kannst du einem gut ausgebauten und weitgehend ebenen Höhenwanderweg folgen, der ständig spektakuläre Aussichten auf das Tal und den Erhai-See bietet.

Der Höhenweg führt dich in etwas über zehn Kilometern an verschiedenen Sehenswürdigkeiten vorbei wie dem hübschen Zhonghe-Tempel, den berühmten Seven Dragons Pools (leuchtend klare Becken in einem ansonsten eher reissenden Bach) und die Cangshan-Schlucht. Erkundige dich vorher, ob alle Spots offen sind.

Wenn du gerne etwas länger in der Höhe bleiben oder alles sehen willst, bietet ein Gästehaus hinter dem Zhonghe-Tempel einfache Übernachtungsmöglichkeiten an. Allerdings ist der Höhenweg über mehrere Seilbahnen so gut erschlossen, dass es eigentlich unnötig ist, oben zu übernachten.

Profitipp: Die verschiedenen Seilbahnen werden von unterschiedlichen Firmen betrieben, welche die Tickets gegenseitig nicht anerkennen. Kauf deswegen stets Einfachfahrten zum halben Preis. So kannst du am Abend spontan entscheiden, ob und mit welcher Bahn du ins Tal zurückkehrst.

Der gut ausgebaute Höhenwanderweg führt etwa 500 Meter über der Ebene dem teilweise sehr steilen Cangshan entlang.

Er führt an verschiedenen Sehenswürdigkeiten vorbei wie zum Beispiel dem Zhonghe-Tempel…

…sowie an abenteuerlichen Schluchten.

Gesicht 3: Der See vor Dali

Obwohl der Erhai-See die offensichtlichste Sehenswürdigkeit der Region ist, ist sie am wenigsten zugänglich. Das Ufer ist erstaunlicherweise nur an sehr wenigen Orten für den Tourismus entwickelt worden. Eine ausgebaute Uferpromenade, hübsche Cafés direkt am See oder gar ein Naherholungsgebiet sucht man vergebens.

Das heisst aber nicht, dass sich der Besuch des Sees nicht lohnt. Es gibt hin und wieder kleinere Parks und Tempel, die du dir anschauen kannst. Auf dem gegenüberliegenden Ufer findest du eine kleine Insel, die angeblich sehr sehenswert ist (bei mir hat leider die Zeit nicht gereicht).

Die beste Art, den See zu erkunden, ist ein Mietfahrrad oder ein Elektroroller. Es ist möglich, gleich den ganzen See zu umrunden. Aber du solltest die Distanzen nicht unterschätzen. Einfacher ist es, direkt dem See entlang auf der holprigen Betonstrasse Richtung Norden zu fahren. Als Ziel kannst du dir das verschlafene Dorf Xizhou mit seinen alten Häusern ins Visier nehmen und ein Gefühl davon erhalten, wie sich Dali vor 15 Jahren angefühlt hat.

Profitipp: Wenn du den See nicht nur aus der Ferne sehen willst, kannst du dich in Caicun einer Bootstour anschliessen. Die Fahrt dauert etwa drei Stunden und bietet einen vollkommen anderen Blick auf die Region.

Ein Teich mit Seerosen direkt am Erhai-See.

Erstaunlicherweise gibt es am Erhai-See keine eigentliche Uferpromenade….

…trotzdem lohnt es sich, das wilde Ufer zu besuchen.

 

Praktische Tipps

Anreise: Dali erreichst du ab Kunming entweder mit dem Zug oder dem Bus. Eine Busfahrt dauert zwischen 5 bis 6 Stunden und führt hauptsächlich über eine gut ausgebaute Autobahn. Falls du dich für eine Anreise per Bahn entscheidest, bietet sich einer der Nachtzüge (6 bis 8 Stunden) an. Im Laufe des Jahres soll allerdings auch eine neue Hochgeschwindigkeitslinie eingeweiht werden. Siehe hier meine Tipps zum Buchen von Zügen in China. Beachte, dass Züge und Busse in Xiaguan (Dali New Town) ankommen. Von dort sind es nochmals rund 30 Minuten im Stadtbus nach Gucheng (Dali Old Town). Bus Nummer 8 führt sowohl am Bahnhof wie auch an Fernbusbahnhof vorbei. Dali verfügt ausserdem über einen Flugplatz, der mit zahlreichen Provinzhauptstädten verbunden ist.

Reisezeit: Dali liegt ebenso wie Kunming auf rund 2000 Metern, gleichzeitig befindet es sich weit im Süden. Daraus ergibt sich, dass die Winter häufig relativ mild und die Sommer vergleichsweise angenehm sind. Die beste Reisezeit liegt trotzdem im Frühling und im Herbst.

Unterkünfte: Dali ist ein Touristenzentrum mit zahlreichen Hotels und Hostels in allen Preisklassen. Vor dem westlichen Stadttor findest du gleich mehrere günstige Backpackerabsteigen nebeneinander, so dass du problemlos vor Ort die einzelnen Zimmer vergleichen kannst. Bei einem Besuch am Wochenende oder während chinesischer Ferien würde ich trotzdem im Vorfeld etwas buchen. Für Backpacker empfiehlt sich das Lili Pad Inn. Es gibt aber auch eine Reihe von 5-Sterne-Häuser.

Kommunikation: Dali gehört zu den ersten ländlichen Regionen, die sich dem Tourismus verschrieben haben. Da viele Angebote von Ausländern betriebenen werden, solltest du keine besonders grossen Sprachprobleme erwarten. Falls du dich trotzdem unsicher fühlst, empfehle ich dir, meine Tipps zur Kommunikation in China anzuschauen.

Weitere Sehenswürdigkeiten in der Umgebung: Von Dali kannst du in rund zwei Stunden nach Shaxi, Lijiang und weiter nach Zhongdian fahren (das chinesische Touristiker übrigens umbenannt haben nach dem literarischen Fantasieort Shangri-La) – drei höchst unterschiedliche, aber sehr schöne Kleinstädte. Richtung Westen bietet sich an, die Vulkanlandschaft von Tengchong einschliesslich der dortigen heissen Quellen zu besuchen. Das wunderschöne Nujiang-Tal wird ab 2021 ebenfalls ein interessantes Reiseziel, derzeit wirkt es aber wegen des Ausbaus der Strasse, die sich wie eine Schneise durch die Dörfer frisst, eher wie eine Kriegszone.

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10 Kommentare

  1. Danke für die interessanten Artikel. Ich suche für nächsten Frühling noch ein Reiseziel dass ich mit Japan kombinieren kann. Für die Yunnan Region und das Gebierge braucht man zwar ein Visum aber es klingt schon sehr interessant. Meine Erfahrungen in China sind sehr zwiegespalten. Teilweise waren die Leute sehr hilfsbereit und freundlich. Auf der anderen Seite können Chinesen doch sehr egoistisch und unhöflich sein.
    Die Eintrittspreise die du so nennst sind aber ganz schön überzogen. Da kommt man ja selbst in Japan günstiger weg und Südlorea erst recht.
    Ich denke nur März April wäre für die Region in China noch grenzwertig oder?

    1. Hi Pasquale,

      ja, das ist eben so in China: Manche Leute sind super nett, andere ziemlich ungehobelt. Das gehört wohl zum Chinaerlebnis dazu… 🙂

      Die Eintrittspreise sind in China generell unverschämt hoch. Marktwirtschaft in Reinform: Orte wie Nationalparks oder Dörfer haben nur ein begrenztes Angebot, aber bei 1,2 Mrd. potentiellen Touristen eine sehr hohe Nachfrage. Und wenn du siehst, wie überfüllt manche Orte trotz der hohen Preise sind, wirst du vermutlich zum Schluss kommen, dass die Eintritte eigentlich noch immer zu tief sind.

      Ich war selber im April unterwegs und hatte sehr schönes Wetter mit angenehmen Temperaturen. Mai wäre aber vermutlich besser.

      Gruss,
      Oli

  2. Hallo Oli,
    war auch vor vielen Jahren in Dali, Lijiang, Kunming unterwegs. In Dali habe ich eindeutig zu wenig Zeit verbracht. Da muss ich dann wohl nochmals hin. Gibt doch noch einiges zu entdecken.
    Lg Thomas

    1. Hi Thomas,
      ich glaube, je stärker sich der Tourismus in Dali entwickelt, desto mehr suchen sich Leute Ausweichsmöglichkeiten. Vor 15 Jahren kannte keiner all die anderen Dörfer am See.
      Gruss,
      Oli

  3. Vielen Dank für deine tolle Seite. Der Sinograph bringt mich auf ganz neue Ideen.:)
    Ich habe mich ein wenig zu Yunnan und Sichuan eingelesen und die Gegend scheint doch sehr interessant zu sein. Als beste Reisezeit wird oft der Frühling genannt. Ich denke ich schiebe Nepal auf den Herbst, wird als beste Reisezeit angesehen, dafür dann China im Frühjahr.

    1. Ich war im April in Yunnan unterwegs – und wie du den Bildern hier ansehen kannst, hatte ich ziemlich viel Wetterglück. Ich finde Südwestchina lohnt sich durchaus. Eventuell solltest du deine Recherche auch noch auf Guizhou ausweiten. Da gibt es auch sehr viel zu sehen und liegt ja quasi um die Ecke.

  4. Lieber Oliver,
    vielen Dank für Deine tollen Anregungen hier auf der Seite, die uns schon auf unserer letzten Chinareise sehr geholfen haben!!!
    Unsere diesjährige Route (im Oktober) wird uns voraussichtlich u.a. von Kunming (dort haben wir bisher Besuche von Dali und Umgebung sowie Lijiang geplant, freuen uns aber über jeden weiteren Tipp) aus privaten Gründen nach Leibo in den Bergen in Sichuan (auf dem Weg nach Chengdu) führen. Nach ausführlicher Recherche finden wir einfach keine Verbindung. Wir dachten auch daran, einen Wagen mit Fahrer zu nehmen, zumal wir nicht unbedingt den direkten Weg nehmen müssen, sondern gerne auch noch etwas auf dem Weg sehen würden, sofern sich das anbietet. Aber auch hierzu finden wir keine Infos. Sollten wir einen Wagen finden, sehen wir drei Wege (einen von Chuxiongüber Liangshan und zwei von Kunming, einen über Zhaotong den anderen über Liupanshui). Haben Du oder ein Leser vielleicht einen Rat für uns oder kennen Teile der ein oder anderen Route?
    Von Leibo aus soll es dann weiter nach Yibin gehen. Aber hierrüber machen wir uns weniger Sorgen, da wir mit Hilfe rechnen. Falls dennoch jemand was weiß, freuen wir uns natürlich.
    Viele liebe Grüße aus Berlin!
    Katja

    1. Hi Katja,

      Das ist eine schwierige Frage, die auch ein bisschen von deinem Wagemut und deinen Chinakenntnissen abhängt. Ich persönlich würde mit dem Zug oder Bus in die nächst grossere Stadt fahren und von dort aus die nächste Verbindung suchen. Am besten mit einem Didi-Mietwagen. Aber da brauchst du jemand, der dir hilft, das Auto zu reservieren.

      Ich kenne keine Firma, die touristische Mietwagen anbietet. Du kannst aber versuchen, so etwas über ein chinesischen Reisebüro zu buchen. Auf Evaneos findest du deutschsprachige Anbieter, die vermutlich auch bei kleineren Aufträgen helfen würden. Das ist aber definitiv die teurere Variante als der Vorschlag oben.

      Zur Route: Ich würde dir den Umweg über Yuanmou empfehlen. Dort kannst du die hübschen Erdwälder ansehen. Ich finde das lohnt sich und ist auch kein so wahnsinniger Umweg. Auf dem weiteren Weg nach Chengdu liegt vielelicht auch ein Zwischenstop in Leshan drin, das für seinen Riesenbuddha bekannt ist. Ich habe leider darüber noch nichts geschreiben.

      Gruss,
      Oli

  5. Lieber Oli,
    vielen Dank für Deine Rückmeldung und die Tips!
    Tatsächlich haben wir jetzt eine Verbindung gefunden. Für alle, die mal nach etwas „abwegigeren“ Wegen suchen: Unter https://www.chinabusguide.com/ kann man Businfos zu einzelnen Städten finden. Wir haben beispielsweise nach Kunming gesucht: https://www.chinabusguide.com/station/kunming.html, und so findet man die verschiedenen Busrouten mit Abfahrt in Kunming. Die einzelnen Zielorte, die man unter „Addresses“ findet, haben wir uns dann auf googlemaps angeschaut, bis wir in die Nähe von unserem Zielort kamen. Auf die Weise haben wir nun einen Bus gefunden, der uns bis ca. 30 km vor unser Ziel bringt, inkl. Abfahrtszeit und Dauer der Verbindung. Vielleicht hilft das ja dem ein oder anderen.
    Wir melden uns sicherlich wieder einmal. Und Deine Seite nehmen wir natürlich auch diesmal mit nach China.
    Viele Grüße,
    Katja

    1. Hi Katja,
      vielen Dank für den Link. Ich habe mir die Seite angeschaut. Es hat tatsächlich ein paar wenige Busverbindungen dort. Aber so wie ich das verstehe, findet keine Datenbankabfrage statt, sondern es werden einfach auf ein paar wenigen Routen eine Kopie des Fahrplans veröffentlicht. Das ist natürlich besser als nichts, aber man sollte sich bewusst sein, dass das nicht vollständig ist und man sich durchaus fragen sollte, wie aktuell das ist. Ich würde die Seite daher nur mit Vorsicht geniessen und besser noch im Ho(s)tel bitten, auf einer chinesischen Seite zu kontrollieren, ob es die Verbindung noch gibt bzw. ob evtl. sogar bessere Verbindungen existieren.
      Gruss,
      Oli

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